Vorher hat es keinen der „Volksvertreter“ recht interessiert, dass wir Zivilisten abgehört werden. Oder vielmehr interessieren sich die VV eben nur für die Informationen ihres launischen und damit gefährlichen Volkes. Ja, ihres Volkes. Denn wir werden als eine Art Besitztum angesehen, mit dem man Hanskasperl spielen darf. Noch ein Beispiel? Die Wahl. Rot-Rot-Grün hätte 320 Sitze. Reicht zur Mehrheit. Aber wen interessiert das schon in Berlin. Da macht sich die SPD lieber mit der Union gemein, um sich verwursten zu lassen, obwohl die SPD-Basis und -Wähler größtenteils dagegen sind.
Nein, die VV (Volksvertreter) und die Medien interessieren sich derweil hauptsächlich für die angeblich entscheidende Frage, ob denn der nette Onkel Obama aus Amerika gewusst hat, dass die NSA die deutsche Kanzlerin, ihre Busenfreundin, abhört. Das ist aber nicht die entscheidende Frage, weil der Obama in jedem Fall als Depp dasteht. Wenn er davon gewusst hat, dann hintergeht er Merkel. Wenn er keine Ahnung hatte, dann hintergeht sein Geheimdienst ihn, den sogenannten mächtigsten Mann der Welt, der früher als Heilsbringer gehandelt worden ist.
Die Journaille vermutet indes, das Interesse an den Methoden der NSA sei jetzt akut dadurch entstanden, dass es einen konkreten Fall gebe, wogegen die Abhörung vorher abstrakt erschienen sei. Das ist natürlich ein Schmarren. Abstrakt oder unfassbar wäre die Abhöraktion, wenn die NSA diese anhand von Glaskugeln, Molchaugen und Drachenblut durchgeführt hätte.
Es gibt sehr konkrete, fürchterliche Beispiele in der Geschichte für die totale Überwachung des Volkes durch den Staat. Trotz alledem tanzen Clever und Smart, nein, Pat und Patachon, oh no!: Joko und Klaas, genau, dieses Komikerduo tanzt also via Privatkanal daher und reißt gutmütige Schmunzelwitzchen darüber, dass Mutti mehr zählt als ein nichtkanzlerischer Mensch. Da haben wir wieder gelacht.
Weil es halt so lustig ist. Besonders die Situation des Menschen Snowden, welche beweist: Die Staatsmaschinerie interessiert sich für das Individuum nur, sobald es ihr behilflich ist. Der Fall NSA beweist, dass das Volk sich für derartige, monströse, illegale Grenzüberschreitungen keine Minute interessiert. Hört man des Volkes Zorn? Ja, es gibt Proteste gegen Überwachung, aber die gibt es schon seit Jahren, eigentlich seit immer. Bei einer Demo von mehreren hundert Menschen schreibt die Presse Berichte wie über einen globalen Aufstand. Und das ist der andere Gipfel: Wir sehen ruhig zu, wie ein Apparat uns die Freiheit und Privatsphäre nimmt. Hauptsache Bayern gewinnt.
Aber über den Bischof von Limburg zerreißen sich Hinz und Kunz und Springer und wie sie alle heißen seit Wochen das Maul. Das ist der ganz große Skandal, da macht jeder mit. Warum? Es ist viel einfacher sich über diesen Bischof aufzuregen. Er betrifft einen nicht direkt. Aber dass ein amerikanischer Geheimdienst uns ausspioniert, unsere intimsten Gedanken und Bilder durchwühlt, das betrifft uns direkt. Außerdem müsste man über die Spionagesache nachdenken, um gescheit mitreden zu können. Im Gegenteil zu der Bischofsmisere, da kann man einfach mitschnattern. Katholikenhetze ist eh seit Jahrzehnten voll in Mode.
Aber über die NSA und unsere Regierung müsste man sich informieren. Im Zuge dessen käme man obendrein zu der schrecklichen Schlussfolgerung, was es bedeutet, wenn gesichtslose Elemente vor ihren Bildschirmen alles von einem wissen, sogar, wann man aufs Klo geht (weil man das vielleicht grad auf Skype mitgeteilt hat). Es bedeutet, dass diese oder andere Elemente mit genügend Informationen manipulieren können, wann wir aufs Klo gehen. Oder welchen Beruf wir wählen sollen.
Und ja, natürlich, was wir bitte schön kaufen sollen, damit die Wirtschaft brummt. Und es bedeutet, dass diese unsere Regierung die falsche ist; dass im Bundestag lauter Pappkameraden am Rednerpult stehen, die letztendlich überhaupt keine Macht haben. Vielleicht wollen sie die gar nicht.
Macht heißt Verantwortung. Was unsere Regierung treibt, egal ob bei gesundheitsschädlichen Lebensmitteln, im Bereich Bildung oder hinsichtlich der europäischen Krise. Es ist verantwortungslos!
Aber wer schläft noch ruhig beim Gedanken daran, dass ein Staatsdienst in der Lage ist, den Schlaf zu beobachten, aufzuzeichnen und auszuwerten? Wer freut sich über einen Sieg der Bayern beim Gedanken daran, dass man beim Jubeln und Feiern fotografiert und dieses Foto zur Gesichtserkennung genutzt wird? Keiner. Zudem veröffentlichen wir eh dauernd unsere Daten, Meinungen, Vorlieben, Kotzfotos, etc., auf sozialen Netzwerken sowie auf Twitter. Und via Google geben wir unsere Interessen preis. - Und ich bitte Sie, es macht doch keinen Unterschied, ob ich meine Daten selber öffentlich mache, oder ob ein Geheimdienst sie inoffiziell ausspioniert. Öffentlich ist öffentlich. Basta. Also bitte lassen Sie mich doch mit diesem überkanditelten Käse in Ruhe, kann man eh nix machen, reden wir lieber wieder über einen Veggie-Day-Käse, da kann ich Ihnen einiges dazu sagen.
Vielleicht schmeichelt es den Menschen sogar, dass die NSA sie ausspioniert. Das lässt uns wichtig erscheinen. „Um etwas leisten zu können, muss jeder seine Tätigkeit für wichtig und gut halten“, schrieb Leo N. Tolstoi in seinem Roman „Auferstehung“.
Angela Merkel erwähnte, laut Steffen Seibert, derweil schon mal eine „Erwartung“ gegenüber den US-Behörden, über den Umfang der „Abhörpraktiken“ aufgeklärt zu werden. Außerdem, Manometer!, erwarte Merkel Antworten hinsichtlich der Abhörung, auf die die deutsche Regierung seit Monaten warte.
Ob das die genannten Behörden interessiert?