Quo vadis ihr deutschen Männer in Zeiten der Hilfsbedürftigen?

    04 Februar 2016 Autor :  

    Die Frauen-Rechte.

    Ungläubig blinzelnd hab ich heute morgen gedacht: „Schau, schau, in dem Radiobeitrag geht es NICHT um Geflüchtete.“ Denn anfangs sprach man über Kindererziehung – und nach fünf Minuten, über die Einbindung der Geflüchteten in diese Kindererziehung, sprich: Wie erklär' ich meinem Kind, neben gutem Benehmen und der Notwendigkeit von Ritalin, warum hier so viele fremde Menschen mit fremder Bartfriese ankommen. Ja, das ist kein Leichtes, gell, für uns Bürger mit unseren mittelmäßigen Bürgerhirnen. Wenn sich schon die Damen und Herren der hohen Politik in Berlin richtig schwer damit tun, derzeitige Situationen zu erklären. Zum Beispiel auch, für WEN und WORUM und WARUM Deutschland jetzt in Syrien eigentlich Krieg führt. Dies kann man unter anderem im ganz wunderbaren Beitrag von Extra3 sehen, in dem Klaas Butenschön diverse Bundestagsabgeordnete nach dem Bundeswehreinsatz frägt: https://youtu.be/0vfAdFuR6uM.

     

    Ganz wurscht, aus welcher Ecke Medienbeiträge derzeit starten, sie nehmen fast alle ganz unweigerlich die Autobahnauffahrt Richtung „Angsthausen“ oder „Gutmensching“. Freilich ist das verständlich, nur allzu menschlich und ökonomisch zugleich. Aber es zerrt oft an den Nerven. All die Diskussionen etc., die leider immer gleich ablaufen, würden vom Volumen her bereits für eine Serie wie „Reich und Schön“ oder „Sturm der Liebe“ ausreichen. Wobei die deutsche Seele auf ihrer Couch nur bei letzteren beiden endlich einmal laut fragen sollte: „Warum sind sie hier? Wann verschwinden sie wieder?“

    Es gibt indes viele Fragen, die man stellen sollte oder könnte. Und ich habe mich nun vom Radio aus in den Raum „Deutsche Angst“ begeben, in dem all die Streitfragen in großen Töpfen aufgeteilt sind und immer schön am Köcheln gehalten werden. Denn unlängst wollte man von mir wissen – privat wie öffentlich durch die Medien –, was geschehen müsste, damit ich mich als Frau in Deutschland sicher fühle. So, alleine, nachts, an Bahnhöfen und so.

    Auf so eine Frage zu antworten, das erfordert mehr als einen Hauptsatz. Vor allem in Zeiten, in denen sogar die angeblich mächtigste Frau der Welt und auch von Deutschland gerade sehr unsicher lebt: Mutti Merkel. Weil eben jedes Gespräch über sie so sexuell aufgeladen ist. Wenn sie ein Mann wäre und gesagt hätte: „Wir schaffen das!“, hätte man ihm Stärke zugesagt – oder Trunksucht. So gilt Merkel aber als geisteskrank vor lauter Fürsorge – vielleicht, so mutmaßt manche familiäre Couchseele, weil sie keine eigenen Kinder hat. Da wird eine Frau nun mal verrückt, ja, ja. Andere vermuten, ihr sei die Macht zu Kopfe gestiegen. Und das ist ja so was von unsexy: eine machtbewusste Frau! Bäh. - Dabei zeigten sich schon die Frauen in der von uns Deutschen so geschätzten Nibelungen-Story stark.

    Ich für meinen Teil bin eben auch zufällig ein weiblicher Mensch geworden. Und ich komme damit klar. Womit ich NICHT klar komme ist, für ein Wesen gehalten zu werden, das automatisch süß und sexy und die mütterliche Heilsbringerin für männliche Menschen zu sein hat, nur weil ich eben zufällig einen Uterus durch die Gegend trage. Frauen sind keine Katzen. Sie sind auch keine Rindviecher. Sie sind keine Accessoires.

    Bevor ich nun auf die Sicherheitsfrage eingehe, möchte ich ein paar Antworten auf Fragen geben, die mir seit Jahren mit großen Augen gestellt werden.

    • Nein:

      • Nicht jeder zweite Gedanke in einem weiblichen Schädel beginnt mit „Schuhe“ oder „kaufen“.

      • Wir mögen nicht alle Prosecco. Ich zum Beispiel find' ihn widerlich.

      • Wir machen viele Sachen aus einem anderen Grund, als Männern zu gefallen. Röcke tragen. Lachen. Oder gut aussehen. Oder Bier trinken.

      • Wir wollen nicht verführen, wenn wir den Männern aus oben genannten oder anderen Gründen gefallen.

      • Uns ist keineswegs dauernd kalt.

      • Nur, weil wir anderer Meinung sind, sind wir nicht zickig.

      • Wenn wir uns selbst als Zicke bezeichnen, gibt es einem anderen nicht das Recht, das auch zu tun.

      • Wir wollen nicht immer mit jemand anderem schlafen. Deswegen sind wir weder zickig noch frigide. Wir haben entweder keine Lust oder der andere ist uns zuwider – in meinem Fall also menschlicher Prosecco.

      • Der Körper einer Frau ist nicht als temporärer Aufbewahrungsort oder Lusttempel für einen Penis und/oder Gegenstand geschaffen.

      • Und, Himmelherrgott, wir sind keine dauer-verängstigten Schafe, die vom großen Schäferhund beschützt werden müssen.

    • Ja:

      • Wir denken an andere Sachen als Frisuren, den Partner/Traummann oder dessen Friese.

      • Wir mögen auch Bier. Nicht alle, freilich. Ich für meinen Teil aber liebe Bier.

      • Wir mögen auch Fußball.

      • Wir können lesen.

      • Wir haben eine eigene Meinung.

      • Uns ist durchaus kalt. In diesem Fall schätzen wir freilich Wärme. Dass Frauen schneller kalte Füße oder Hände kriegen, liegt daran, dass der weibliche Körper zuerst die inneren Organe vor Kälte schützt. Und wie schon mal erwähnt, tragen wir halt zufällig diesen Uterus durch die Gegend, der (noch) so wichtig ist für die menschliche Spezies.

      • Wir können Autofahren. Einparken in drei Zügen? - Ich mach es in zwei!

      • Freilich, wir werden belästigt. Aber das ist schon vor der Ankunft der Geflüchteten passiert – und mehr als ein Mal ging so eine Belästigung vom oben genannten guten deutschen Schäferhund aus, der beweißbiert gemeint hat, sein Genital ist der Gipfel des Glücks.

    Es gäbe noch so viele Fragen – man kann sie mir gern stellen. Aber betrachten wir nun die Sicherheitsfrage.

    Der deutsche Mann als Beschützer. Woher kommen die ganzen Siegfrieds auf einmal? Wo waren sie all die Jahre davor? Hocken jetzt an den Stammtischen, die immer schon Biotope für Frauenwitze und Sexismus gewesen sind, lauter Frauenrechtler, völlig emanzipiert und klar in der Birne? Zumindest im Fall von PEGIDA und Co. kann man sagen, dass sie lediglich eine Frauen-nach-rechts-Bewegung darstellen.

    Es riecht nach Testosteron in diesem Land. Und Fast-Food. Aber dies gilt ebenfalls schon seit langem.

    Die meisten wissen es bereits, aber ich sag es auch noch mal, für diejenigen, die bei dieser Lektion gerade Pornos geguckt haben: Wir sind alle Menschen. Und wir sind alle grundsätzlich, falls wir gesund sind, zu dem gleichen befähigt. Freilich, es gibt körperliche Unterschiede. Denn im Gegensatz zu anderen Tieren ist das menschliche Männchen meistens größer und auch kräftiger als das Weibchen. Meistens. Es gibt genügend Hänflinge, die aus reinem Selbstbehauptungstheater Bartwuchs zu tragen scheinen (vielleicht ist er auch aufgemalt), die dir einen Dreck nützen, wenn du mit einer Gruppe von Typen oder einem Typen konfrontiert bist, die/der dir ans Tangaleder wollen/will. Wenn er schlau ist, der Hänfling, ruft er die Polizei. Wenn er ego-schlau ist, läuft er weg. So oder so: Er kann nichts tun, was ich nicht auch selbst könnte. Im Stehen pinkeln miteingeschlossen.

    Frauen sind stark. Denken wir nur an die Trümmerfrauen. Allerdings spricht die tägliche, mediale Propaganda uns das ab (Zalando, Gilet, Nivea, Bratwürste, Waschmittel, Feenstaub und Fingerfood für Fäuste). Wie sie so vielen Menschen alles abspricht, was menschlich ist. Und warum? Um Produkte zu verkaufen, die überflüssig wie ein dreifacher Kropf sind. Männer sind erwiesenermaßen bereit, mehr Geld auszugeben, wenn sie in einer Werbung eine attraktive Frauen sehen. Jeder will chic sein, begehrenswert. Am Schluss endet man lediglich als Heidi Klum oder David Beckham von Hintertupfing auf einer Ü30-Party, in überteuerten Fetzen, die „Fashion“ geschimpft werden, keineswegs fesch aussehen, dafür aber jedem anderen zuflüstern: „Für einen Wein bin ich dein.“

    Und immer, wenn ich über diese Thematik nachdenke, kommt mir ein Comic in den Sinn. Dieser zeigt zwei Menschen, eine Frau und einen Mann, die, gleich gekleidet, einen Berg besteigen. Sie helfen sich dabei gegenseitig. Und sie kommen zusammen am Gipfel an. Schön, nicht? Oder ist euch wirklich das Bild vom blonden Prinzesschen lieber, das keifend, schnurrend und auf einem rosaroten Einhorn sitzend von ihrem Siegfried auf diesen Berg getragen wird, wofür sie ihm dann 23 Kinder schenkt und jede Sauerei verzeiht?

    Als Frau, besonders mit einer Nicht-Statur wie der meinen, war man noch nie „sicher“. Es gab immer wieder Momente, in denen man ein Lokal aufgrund eines Tatschers verlassen hat – wonach man hernach wieder den Stempel des „lockenden Weibes“ verpasst bekam. Ich habe immer schon nachts gewisse Orte gemieden. Also kommt mir jetzt bloß nicht mit einer akuten Einschränkung der Bewegungsfreiheit! Die „deutsche Frau“, sie ist kein bedrohtes Tier. Allerdings merke ich seit Silvester, dass ich vorsichtiger werde, wachsamer. Das ärgert mich. Denn das ist Unfreiheit. Und wo ist in solchen Situationen der deutsche Schäferhund? Nirgends. Gut so. Man sollte ihn nicht brauchen wollen.

    Seid keine Sexisten mehr, seid Menschen. Dann würde ich mich auch wieder sicherer fühlen.

    Was Frauen übrigens auch NICHT sind: ein Grund, um sich in ein rassistisches Arschloch zu verwandeln, in der Fashion des Frauenrechtlers.

    Hinweis: Am 27. Februar findet die Premiere des Sperrstundenkabaretts von Andrea Limmer im Schlachthof zu München statt. Karten gibt es hier:
    http://m.im-schlachthof.de/spielplan-details/items/.1817.html

    Andrea Limmer

    Freie Journalistin

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