Denn während sich die Welt zu einem Krieg rüstet, der ein Ausmaß nie gekannten Schreckens und Elends erreichen würde, vertreibt sich unsere Regentschaft die Zeit damit, leere Parolen in unsere Ohren zu ballern, damit wir für ihre Parteien bei der Europawahl ein Kreuz machen. Ein ganzes Land hört „Stimmen“, nämlich in dem subtilen Satz: „Stimmen Sie für uns!“
Aber niemand hört eine Frau Kanzlerin, die sich in brauchbaren Sätzen zur Russland-„Krise“ äußert. Wenn sie wenigstens wieder mal komplett schweigen würde. Aber nein, sie droht Russland mit Sanktionen, was bei Putin wohl ein müdes Lächeln auslöst. Putin hat keine Angst. Merkel hat Angst. Putin fragt in aller Öffentlichkeit, wie man Alaska neuerdings nenne und antwortet: „Ice-Krim“. Merkel sagt durch ihre Plakate: „Gemeinsam erfolgreich in Europa.“ Da lachen doch die Griechen. Putin sagt: „Das Internet ist eine Erfindung des amerikanischen Geheimdienstes.“ Merkel sagt: „Das Internet ist für uns alle Neuland.“ Na ja, wenn das eh so (oder so) ist, dann kann es uns ja Wurscht sein, ob die Amis (oder auch unsere „Regierung“) die Netzneutralität abschalten, so dass wir nur noch von Bertelsmann und Disney die Welt erklärt bekommen. Wurscht soll uns auch sein, dass die Angela M. zwar wie eine Wilde auf Europawahlpropagandatour ist, dafür allerdings gar keine Kandidatin bei dieser Wahl. Wurscht, dafür steht unter anderem die Monika Hohlmeier auf der CDU-Bayernliste. Da bleibt einem das Lachen im Halse stecken, gelt?
Die Begriffe Wahlkampf, Information oder Inhalt sind der CDU auf alle Fälle wurscht. Weswegen sich schlaue CDU-Köpfe ein ganz feines Zuckerl für die Radiowerbung zur Europawahl ausgedacht haben. Aus den Geräten quäken nämlich die Synchronstimmen von Bruce Willis und Julia Roberts. Die Bruce-Stimme (Manfred Lehmann) probiert es auf die hart Tour: „Am 25. Mai ist Europawahl, da gehen Sie bitte wählen - und zwar die CDU. Damit Deutschland in Europa eine starke Stimme hat: C-D-U, haben Sie das!“ Eine starke Stimme. Ich lach mich scheckig.
Ausgerechnet die CDU, deren Markenzeichen eine Frau ist, die nie ihre Meinung sagt. Und die Julia-Stimme (Daniela Hoffmann), die verkündet bald den Gipfel des Unsinns: „Wissen Sie, es gibt Tage, da passiert nicht viel, im Grunde gar nichts, nix.“ - Genau! An Tagen wie diesen sagt uns ein körperloser Hollywoodstar: „Machen wir doch mal einen Tag zu etwas Besonderem.“ Wie?! Indem wir am 25. Mai eine Partei wählen, die unser Land sowieso seit Jahrzehnten fest im Griff hat und am Schlafittchen über den Abgrund hält? Soll das was Besonderes sein? Da hau' ich mir lieber einen rostigen Nagel ins Knie, das sag ich Ihnen. Diese infame Verhöhnung reicht den Trommlern der angeblichen parlamentarischen Demokratie aber längst nicht. Nein, sie stellen uns Wahlwerbung in Form von einer halbnackten Blondine vor die Nase.
Das können sie gern machen, ja, ich bin sogar dafür, dass jede Wahl so beworben wird, allerdings mit PolitikerInnen. Dann müssten sie nämlich die Wagenknecht auf alle Plakate drucken, weil sie die einzige ist, die man noch anschauen kann, ohne Ausschlag und Maulfäule zu kriegen. Und wenn dann im Gegensatz dazu die Merkel, bloß im Badetuch, oder von mir aus auch die von der Leyen im Bikini uns an eine Wahl erinnern würde, ist der Ausgang dieser Wahl ziemlich sicher.
Ähnlich unmöglich wie das Wahlhäschen war die Pro-7-Propaganda zur Bundestagswahl, angefeuert von unserem lieben Stoiber Edi, der freilich niemanden in Richtung CSU schieben wollte. Nein, der Stoiber Edi ist nur ein redlicher Zaungast, einer jener anständigen Mitbürger, die sich so sehr um das Wohl der anderen, die weniger mit Hirn gesegnet worden sind, kümmert, dass er in seinem Garten eine Schaufensterpuppe mit Blitzgerätatrappe aufstellt. Herrschaft, denkt denn sonst niemand an die Kinder?! Und wenn es dann einmal so einen Raser auf seinem Motorrad vor Schreck runterbügelt, dann lernt er wenigstens was.
Für die Europawahl probiert es die CSU wieder mal mit Muckis und neuem Trotz (worin zum Beispiel der Spiegel sofort eine Abgrenzung von Merkel vermutet, obwohl die CSU doch immer bloß dieses eine Motto „Wir wissen's eh besser“ gehabt hat – allerdings vermutet der Spiegel auch gern mal hinter einem Schmetterlingspups den Weltuntergang). Im Programm finden sich unzählige Vorwürfe gegen die EU, zum Beispiel wegen der überbordenden Bürokratie. Und das von einer Partei, die Bayern zu einem Freistaat gemacht hat, in dem Kioskbesitzer eine Extralizenz brauchen, damit deine dort erworbene Bierflasche vom Kioskmenschen geöffnet werden darf. Gut gemacht, ihr Horste.
Man kann freilich hier nicht alle Parteien behandeln. Einerseits, weil sie uns wurscht sind, andererseits, weil sie uns wurscht sind. Und weil sie Europa auch wurscht sind. Aber eine Sache ist noch erwähnenswert, nämlich der geplante Wahlkampf-Rückzieher der AfD-Pfropfen und, dass neben dem Bericht (www.noz.de) über die Pfropfen-Panik, direkt beim AfD-Logo, eine Werbung fragt: „Haben Sie ein Motten-Problem?“ Das Netz hat Humor. Die Pfropfen nicht. Es ist aber auch ein Drama. Da hat sich der AfD-Hampel (Landesvorsitzender) damals extra für die Bundestagswahl mit einer undefinierbaren Person namens Martina Härting samt einem Hündchen im AfD-Anzug ablichten lassen („Mach ma da so'n Köter hin. Kinder und Hunde ziehen immer!“) und trotzdem zerstören vor der Europawahl gewissenlose Vandalen in Niedersachsen AfD-Werbung.
Zudem seien Wahlhelfer angeblich angegriffen worden (kennt man auch schon von der anderen Wahl, gähn). Jetzt sieht die Anti-Europa-Partei die Chancengleichheit im Europawahlkampf gefährdet. Und freilich den Rechtsstaat, wie soll es anders sein, der gilt in solchen Kreisen als permanent gefährdet, solang es Menschen gibt, die anders denken und wählen. Am liebsten würde man den Pfropfen die Wange tätscheln und sagen: „Jetzt gebt einmal eine Ruhe, trinkt ein Bier und wartet bis das Kopferl aufhört weh zu tun.“
Entsprechendes sollte man auch den Grünen sagen. Zumindest der Göring-Eckardt, dem Bütikofer und dem Özdemir, die trotz einem parteiinternen Aufruf zur besonnen Behandlung der Krim-Krise und, diese nicht für Wahlwerbung zu verwenden eine Fotomontage in die Welt gesetzt haben, auf der man die Wagenknecht zusammen mit Soldaten und Kalaschnikows sieht. Untermalt haben sie ihr Kunstwerk so: „Jetzt neu: Linkspartei erstmals für Auslandseinsätze!“ Was in diesen Köpfen vorgeht, ist unter keinen Umständen heilbar.
Während diesem ganzen Irrsinn spricht Kiews Premier Jazenjuk bereits vom Dritten Weltkrieg. Die von der Leyen tuckert in aller Selbstverständlichkeit für die Boulevardjournaille nach Somalia und in den Libanon. Merkel verspricht in Polen, dass sich die Außenminister der EU „baldmöglichst“ wegen der Krim-Krise und überhaupt treffen würden. Was verspricht sie wohl den OSZE-Beobachtern, die in der Ukraine von „Aufständischen“ festgehalten werden? Nüscht wahrscheinlich. Sie muss ja mit Staatschefs telefonieren, wegen Sanktionen, damit dem Putin endlich das Arschwasser kocht. Und um den Wahnsinn abzurunden, liest man in der S-Bahn beim Gegenüber die Titelseite der BILD, die uns anplärrt: „Wann ist man ein Nazi?“ (Wobei es um Heino geht, was einen wirklich fassungslos zurücklässt).
Hoffen wir, dass unsere Regenten sich ein wenig am Riemen reißen, statt einen Weltkrieg herbeizusalbadern. Als Alternative zur Hoffnung bliebe nur die Revolte. Aber, wer hat denn dafür Zeit, wo doch bald wieder Fußball läuft … Also hoffen wir, dass uns die Netzneutralität bleibt und nicht von Unternehmen aufgekauft wird. Sonst kann es geschehen, dass bald niemand mehr die Wahrheit hinter den Schlagzeilen lesen kann. Oder nur sehr langsam. So, dass wir erst merken, was vor sich geht, wenn es zu spät ist. Und dann rettet uns auch kein Bruce Willis.