Nazis im freien Marsch - Dschungelcamp Kasperltheater und die große leere Ablenkungsmaschine

01 Februar 2013
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Kann uns nur noch Hans Wurst retten?

Hans Wurst ist seit langem ein Schimpfwort für Menschen, die sich in den Augen anderer blöde oder unangemessen aufführen. Eigentlich war der Hans Wurst einstmals eine Bühnenfigur, die gerne als Kammerdiener von Königen und dergleichen eingesetzt wurde und sich dabei recht komisch-anarchistisch verhielt. Im 18. Jahrhundert wollte man allerdings die „deutsche Komödie“ aufwerten, weswegen der Hans Wurst von der Bühne weichen musste. Übrig geblieben ist von dieser Figur der Kasperl, der seitdem die Kinder damit entzückt, dass er dem Krokodil eins auf die Nuss drischt.

Eine Bühne, auf der Menschen ihr Können darbieten, lenkt uns normaler- und gnädigerweise von dem Sauhaufen ab, den wir Zeitgeist oder Gesellschaft nennen. Leider verfügen wir über immer weniger Geld, um Karten für Theater- oder Kleinkunstbühnen zu kaufen. Gott sei Dank gibt es da noch die Flimmerkiste (seit 50 Jahren in Farbe, woran uns „Mutti“ gewissenhaft in ihrer Neujahrsansprache erinnert hat) und das Internet. Aus diesen Bildschirmen begrüßen uns täglich die Pappkameraden aus der billigen Unterhaltungsindustrie, Politik und Finanzwelt mit neuen, unglaublichen Seiltänzen über dem Abgrund der völligen Verblödung. Und damit gelingt es ihnen, uns davon abzulenken, dass unser Klima japst und der gesunde Menschenverstand abkratzt. 884d217e0854493889d0526c178ec901

Unlängst ist Britney Spears, Schlagerschrulette und Netzstrumpfbulette, ohne BH fotografiert worden. O nein! Diverse Magazine riefen sofort den Side-Boop-Alarm aus. Derweil metzeln sich Menschen auf der ganzen Welt legal, weil staatlich angeordnet (Afghanistan, Libyen, Syrien, etc.) oder illegal, weil Amoklauf (Amerika, etc.) nieder, wovon niemand so eindeutige Fotos zu sehen bekommt wie vom Spearsbusen. Ein Krieg und wie er aussieht, ist dann doch noch einmal ein bisschen beunruhigender wie ein stylischer „No-go“.

Um unwissende Zivilisten doch ein wenig am Morden für Öl teilhaben zu lassen, kam der Prinz Harry daher und erzählte locker-flockig, dass er in Afghanistan Menschen umgenietet hat. Dies ist für ihn anscheinend eine Art Sport gewesen, da er gesagt hat: „Wenn da Leute sind, die unseren Jungs etwas Böses wollen, dann nehmen wir sie aus dem Spiel.“ Und: „Es ist ein großer Spaß für mich, weil ich einer jener Leute bin, die gerne Playstation und Xbox spielen. Deshalb glaube ich, dass ich einen recht brauchbaren Daumen habe.“ Seine Aussage, die inzwischen ein Scherz sein soll, hat für Gemurre und Gelächter gesorgt. Gemurre bei seinen „Kollegen“ und Gelächter bei den Taliban, die sich seine Sätze laut „Spiegel-Online“ per SMS zuschicken.

Bevor wir die unerträgliche Leichtigkeit von gewaltbereiten Soldaten richtig durchschauen und uns daraufhin angeekelt von Medien und menschlichen Bratwürsten abwenden, rettet Prinz William mal wieder alles mit seinem geerbten dianaesken Charme, indem er seine schwangere Frau vor die Kameras zerrt und der Welt ein: „O mein Gott, wie süß! Wie toll!“ entlockt.

Genau wie die deutsch-französische „Freundschaft“, die per Vertrag zementiert und reglementiert werden musste, aber bejubelt wird, als ob daraus der nächste Messias entstehen täte. Da geben sich die Merkel und der Hollande brav Küsschen, als Zeichen der innigen Verbindung von Deutschland und Frankreich sowie dem gemeinsamen Streben nach einem „starken Europa“, während Goldman-Sachs samt zynischen Konsorten stetig die Bewohner von diesem Europa und der übrigen Welt aussaugen, wobei sie durch Ignoranz, Machtgeilheit oder schlichte Dummheit aus den politischen Reihen unterstützt werden. Da wird immer weiter fröhlich mit Nahrungsmitteln spekuliert, wogegen sich unter anderem die gute Deutsche Bank nicht wirklich stellen mag. Freilich, sie hat ja so viel zu tun, die Bank. Griechenland-Gelder kassieren und damit die Griechen sozial kastrieren.

Dafür kann man wenigstens für 50 Euro mit der Deutschen Bahn AG nach Paris fahren. Ach Mist, keine Zeit, weil: Arbeit. Wer keine Arbeit hat, weil: Rentner oder arbeitslos, der hat leider kein Geld. Die Pariser indes hocken bereits in Paris. Und Franzosen streiken offenbar lieber, als dass sie arbeiten (laut der „Süddeutschen Zeitung“: 102 „verlorene“ Arbeitstage „je 1000 Arbeitnehmer im Durchschnitt von 2000 bis 2008“) und leben dafür länger. Ob das wohl mit dem Streiken zu tun hat? Oder damit, dass sich dort nicht gar so viele Menschen einen Ranzen anfressen? Was uns diese Informationen überhaupt bringen? Nichts, das ist es ja. So etwas soll uns unterhalten, uns ablenken, so wie die „Information“, dass Herzogin Kate sich gegen Schwangerschaftsübelkeit hypnotisieren lässt.

Oder wie das FDP-Manöver vor der Landtagswahl in Niedersachsen. Ist doch glatt der so gar nicht trinkfeste Brüderle dem so gar nicht witzigen Rösler an den Karren gefahren! „Himmel hilf“, haben sich viele Wähler anscheinend gedacht. „Da stimme ich lieber mal für die Gelben, bevor die Sozis – oder noch schlimmer, die Linken – irgendwie an die Macht kommen.“ So ganz hat das nicht funktioniert, und „Mutti“ muss sich nun mit einem starken Rot-Grün-Block herumärgern. Man redet aber sowieso lieber über die „Doppelspitze“ (weil Minus und Minus ein Plus ergibt, oder was?) aus Rösler und Brüderle, statt über die von der FDP geforderte verstärkte Überwachung von Mitarbeitern. Freilich, ein Unternehmen sollte, nein: muss annehmen, dass seine Untergebenen latent kriminell oder pervers sind. Es geht um Firmeneigentum, liebe Leute, und nicht um so läppisches Zeug wie Datenschutz, Privatsphäre oder angenehme Arbeitsbedingungen. Warum haben Firmen Angst vor ihren Arbeitern? Warum hat der Staat Angst vor seinen Bürgern? Warum hat Frankreich Angst vor Mali? Und warum hat ein Richter in Dresden Angst vor Leuten, die gegen Nazis demonstrieren?

Besonders der letzte Punkt ist unglaublich verwirrend. Da will ein junger Familienvater Nazis daran hindern, ihre rasierten, sinnentleerten Schädel durch die Welt zu tragen, indem er andere Demonstranten aufruft: „Kommt nach vorn!“ Obwohl, Moment: Der Mann ist ja gar nicht eindeutig identifiziert worden. Dafür hat man ihn eindeutig verurteilt. Und zwar zu 22 Monaten Gefängnis, was der Staatsanwaltschaft noch lange nicht reicht. So viel zu den Methoden, wie man hierzulande mit Menschen umgeht, die ihren Kopf aus ihrem Arsch/dem Arsch anderer/dem Bildschirm ziehen und nachdenken. Das Ziel ist klar: Angst verbreiten.

Egal, das Dschungel-Camp kommt. Solche vulgären, entmenschenden Sendungen und die dazugehörigen Sendeanstalten sollten mit einer Gebühr belegt werden, mit einer geschmalzenen, statt seriöser Dokumentationen oder Arte. Und während wir jährlich 1,3 Millionen Tonnen an Nahrung einfach in den Mülleimer werfen („n-tv“), stopfen die „Promis“ in ihrem Kamera-Camp irgendwelche Maden und Käfer in sich hinein. Derweil fordert Steinbrück munter mehr Kohle für die Kanzler und schafft sich langsam selber ab, während die SPD in ihrer Jahrzehnte alten Totalverwirrung immer noch von der Macht träumt und die Grünen immer noch als Gutmenschen gelten wollen, bloß weil sie eine Sonnenblume und eine ewig betroffene Claudia Roth als Maskottchen haben. Die Grünen könnten noch zehn Mal deutsche Truppen in den Krieg schicken, ohne dass die breite Masse ihnen das ankreidet. „Die sind nämlich voll für den Tierschutz und so!“

Und falls uns dieses ganze Kasperltheater wirklich einmal so fad werden sollte, dass es uns langweilt, gibt es ja immer noch Facebook. Oder Youporn. Dort treiben sich inzwischen auch eine Menge Hans Wursten herum. Leider ohne Humor und anarchistische Gedanken. Dafür umsonst.

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