Bundestagswahlkampf - langweilt sich das Wahlvolk zu Tode?

06 August 2013
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Der Circus ist in der Stadt! Staunen sie schweigend mit!

Erstaunliches geht vor im Land der Dichter und Denker. Da läuft ein Wahlkampf für die Bundestagswahl im September. Und niemanden scheint es einen Monat davor zu interessieren. Obwohl wir entscheiden sollen, wer uns weiterhin regiert – na ja: „regiert“. Wir sollen entscheiden, wer weiterhin entscheiden soll, was für uns das Beste ist. Und das, so scheint es, wollen die meisten in einer gemütlichen Wurschtigkeit wieder dem Mutti-Haushalt überlassen. Trotzdem zum Beispiel inzwischen jeder wissen dürfte, wie hausgemacht und weitergekocht die Europakrise ist. Und trotzdem die Amerikaner ihre NSA-Rüssel in Sachen stecken, die sie nichts angehen und Merkel samt ihrem Streichelzoo sich dieser Dreistigkeit gegenüber verhält, als täten uns die Spione damit einen Gefallen.

Freilich, der Terror. Er muss bekämpft werden. Mit allen Mitteln. Wer will schon den tobenden Taliban oder irgendwelche Sprengstoff-Salafisten in seinem Wohnzimmer stehen haben, wenn man sich grad zum Tatort auf das Kanapee niedergepflanzt hat. Ja, diesen Kameltreibern wird man es zeigen, die wird man schon noch katholisch machen. Und wenn man dafür die Welt im american way of life belästigen, besetzen und brandschatzen muss. Denkt sich auch unser Bundesinnenminister HaPe Friedrich.

Auf „Merkur-Online“ kann man von ihm lesen: „Friedrich zufolge haben sich etwa 1000 junge Menschen aus Europa in Syrien dem Dschihad - dem Heiligen Krieg - angeschlossen. Sie ließen sich an Waffen und Sprengstoff ausbilden. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder zurückkehren - mit dem klaren Auftrag, den Dschihad auch in Deutschland und Europa zu führen.“a04a2481badb42928add46fca88f18c2

So erstaunlich ist die Stimmung im Lande D., dass einer wie der Friedrich – der sein eigenes Volk per Drohnen überwachen täte, wenn sein Kumpan Thomas de Maizière das nicht verbockt hätte – dass also einer wie der Friedrich einen solchen Unsinn verzapfen darf, ohne dass man ihm die Männer mit den weißen Turnschuhen und Schmetterlingsnetzen ins Haus schickt. Ganz im Gegenteil. Die Unionsfregatte dümpelt unantastbar auf sicheren Gewässern dahin, wohingegen der Sigmar Gabriel seiner eigenen Partei, der SPD, einen solchen vor den Bug knallt, dass sie schon wieder in höchster Seenot ist. Und das nur, weil der Gabriel gemeint hat, es wäre doch nicht schlecht, wenn man auf der Autobahn nur mehr 120 Stundenkilometer fahren könnte. Aber so was kann man dem Deutschen auf keinen Fall sagen. Was dem Ami sein Schießgewehr, ist dem Deutschen sein Flitzer. Für was bauen wir denn die besten Autos in der Welt, verdammt?

Erstaunlich ist auch, dass ein Gabriel so was überhaupt sagt. Will die SPD die Wahl wirklich verlieren? Es scheint fast so. Denn alles, was diese sozialdemokratischen Pappkameraden-Delinquenten in den höheren Rängen anlangen und rausposaunen, sieht aus wie 17 Mal durch den Fettnapf gezogen. Jetzt probiert es der Spitzenmann Peer Steinbrück (wir kennen ihn noch aus Filmen wie: „Vier Worte für eine Million“. Oder: „Ein überparteiliches Angebot“.) mit einer Art Rock 'n' Roll im Wahlkampf. Wie "U2" soll es wirken, glaubt man der BILD, wenn Steini allein auf einer Redenscheibe inmitten der zu beredenden Wähler steht und seine Sache über soziale Gerechtigkeit und so weiter darstellt. Aber welche horchenden Wähler sollen das sein? Etwa die alleinerziehende Mutter, die sich überhaupt keine Rede anhören kann, wegen der fehlenden Zeit aufgrund von drei Nebenjobs? Oder der ruinierte Familienvater, der wegen Kurzarbeit und Kündigung Haus, Familie und Hund verloren hat und jetzt den ganzen Tag Pfandflaschen sammelt?

Ja, die SPD. Die ist doch sogar am Wetter Schuld (hat schon der Rudi Carrell gesagt). Alter, und es hat aber auch ein Wetter! Ein Wetter, das völlig ignoriert, was der moderne Mensch gern hätte: Regen während der Arbeitszeit und Sonne während dem Feierabend, Wochenende und Urlaub. Jedoch, das Wetter hat sich angepasst, denn es arbeiten dank unserem kapitalistischen Wirtschaftssystem, das zu einem menschenfressenden Gesellschaftssystem mutiert ist, inzwischen immer irgendwo Menschen. Deswegen auch der viele Regen.

Nein, der kommt freilich vom kaputten Klima. Oder? Aber um das wollten sich doch die Gutmenschen von den den Grünen kümmern! Tun sie offiziell auch. Papier ist geduldig. Da fordern sie, die „Zwei-Klassen-Medizin“ abzuschaffen. Was längst passiert ist. Es gibt die Patienten, denen geholfen wird, die, denen meistens geholfen wird, die, denen irgendwie geholfen wird und die, die ein Wartezimmer nicht einmal betreten können. Auf der grünen Homepage prangt ein großes Banner, das einen fragt: „Du willst etwas verändern?“ Wenn sich das auf einen solche Veränderung bezieht, die der Herr Trittin und sein ganzes Bündnis durchlaufen haben, dann nein, danke, lieber nicht.

Vom Öko-Rudel zum Propaganda-Strudel; innendrin im Bündnis ist die gleiche Mischung aus Geld, Machtstreben und Kalkül, einwickelt in eine Bio-Tortilla. Überhaupt, der Wahlkampf um „gesundes Essen“. Ein Essen ist dann ungesund, also gesundheitsschädlich, wenn schädliche Stoffe (aufgrund von Menge oder Wirkstoff) enthalten sind. Wenn man diese Stoffe in jedem Essen verbietet, hat man ein gesundes Essen. Badabing, ich hab da schon was gezaubert.

Und warum fordert niemand von der SPD, dass man parteischädigendes Personal heimschickt und dort lässt? Den Volker Kauder will die CDU wenigstens ausschließen. Weil er gegen sie, seine eigene Partei!, kandidiert. Jessas! Der kann froh sein, wenn es ihm nicht wie dem Mollath Gustl in Bayern ergeht, der ja auch in die eigenen – oder zumindest angeheirateten – Reihen koten wollte.

Die CDU ist jedenfalls noch eine anständige Partei, gell, die wo nur ein Fachpersonal hat und solche raushaut, die vom Glauben abfallen. Aber davon ist der Kauder eigentlich weit entfernt. Er warnt auf seiner Homepage sogar die Christen dieser Welt, dass sie auf der Welt die am meisten verfolgte Glaubensgemeinschaft sind. Aber Friedrich sagt doch, dass die europäische Jugend, die man per Spionage verfolgt, zum Islam etc. konvertiert ist, um Deutschland auszubomben. Also was jetzt?

Die AFD indes tät die Verausländerung sowieso stoppen. Mit einer „geordneten Zuwanderung“. Außerdem verlangt die Alternative: „Zu einer menschenwürdigen Behandlung gehört auch, dass Asylbewerber hier arbeiten können.“
Man kann sich schon vorstellen, welche Arbeit zu welchem Lohn Asylbewerber verrichten dürften. Mit menschenwürdig hat ein aufgezwungener Scheißjob wenig zu tun. Wenn man ihn verfolgten, verängstigten und völlig erschöpften Menschen aufzwingt, erst recht. Ach, aber über so kleine Fitzerl-Parteien, wie die AFD oder die FDP braucht man eh nicht reden. Deckel auf, warme Luft raus, Deckel wieder zu. Politik, Inhalt und Information sehen anders aus.

Ich trau es mich kaum sagen – aufgrund des Vorwurfs der Voreingenommenheit –, aber bei der Linken findet man indes wirklich ein paar vernünftige Forderungen: Hohe Einkommen mit 53 Prozent besteuern, Wasser und Strom entprivatisieren, Mindestsicherung statt Hartz IV. Aber was hört man denn von ihnen? Die Plakate sind laut, ja. Die Linke nicht.

Und woanders: All diese Wahlprogramme, all dieser Humbug und die geplante Leuteschinderei. Überall stehen die gleichen Floskeln, hinter denen sich ein Abgrund befindet, der ganz offensichtlich unbeschreiblich ist. Und für all diesen Mist bezahlen wir die Herrschaften auch noch. Es ist erstaunlich. Konsequent tritt die Satirepartei "Die PARTEI" deshalb gleich mit dem Titel "Inhalte überwinden" auf ihren Wahlplakaten auf der Strasse an.

Ja, erstaunlich geht es zu, in diesem Land. Wenn während dem Wahlkampf die Parteien irgendwie so tun, als wäre kein Wahlkampf. Kein Wunder, dass Mutti die Nase vorn hat. Sie ist die personifizierte Wurschtigkeit. Außerdem ist es wirklich keine Freude mehr, den Politikern zuzuhören. Es kann ja niemand mehr sprechen. Die Kohl'sche Krankheit.

Im Gegenzug fordere ich, dass wir, das Volk, auch für jeden dummen Spruch ein Geld bekommen. Vom Staat. Und ich empfehle, da das traurige Ergebnis der Wahl offenbar unausweichlich ist, so zu tun, als gäbe es keine Regenten, die uns hernach wieder sagen wollen, was am Besten für uns ist. Wurschtigkeit für jedermann.

Andrea Limmer

Freie Journalistin

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